Johann Friedrich Heinle:
Seine 1805 in Regensburg erschienen Schrift:
Promemoria ... Kriegs-Mechanik ..

( Zu finden in der Niedersächs. Saats- und UB Göttingen unter der Signatur 4 PHYS II, 1905)


                                    P r o m e m o r i a.

            Bey den auch wohl für das Vaterland eingetretenen besorglichen Um=
            ständen erachtet es der Unterzeichnete für patriotische Pflicht, unter Be=
            ziehung auf sein jüngstes den hohen Gesandtschaften überreichtes Prome=
            moria geziemenst zu melden, daß er zu Anfang des lezten Krieges in
            den Augsburger Zeitungen und auch privatim an hohe Regierungen
            Teutschlands bekannt machte:

                    "eine höhere und bessere Kriegs=Mechanik sey von ihm da, wo="
                    "durch jedes große und kleine Land vor übermächtigen Feinden"
                    "gesichert werden könne; und er erbiete sich zu Proben."

                 Diese Annonce erregte Aufsehen und Aufmerksamkeit. Offiziere ka=
            men, um die Sache kennen zu lernen. Ein paar Briefe von Einigen,
            die als Documente bey Einem wohllöbl. Bürgermeisteramt in Nürnberg
            deponirt sind, und wovon das Wesentliche die Beilage A. enthält, ge=
            ben zu erkennen, wessen Sie Sich überzeugt haben. Der die Oberrhein=
            Armee Kommandirende, Feldzeugmeister Browne, schickte sogar einen Of=
            fizier an den Producenten nach Augsburg, zum orientiren in denen Nova.
            Hierauf reiste dieser selbst mit einem Vorbilde seiner Off= und Defensiv=
            Maschine ins Hauptquartier nach Heidelberg, wo dann die Generalität
            jenes Modell in Augenschein nahm. Der respektive Kommandirende er=
            klärte, "Die Sache sey gut; allein er gieng kurz hernach vom Kom=
            mando ab, und sein Beifall hatte keine Folge, zumalen lange zuvor
            überall, wo das Erfundene bekannt wurde, zwei Partheyen sich deshalb
            gebildet hatten. Die Eine war für die Einführung des neuen Kriegs=
            wesens, die Andere aber wollte durchaus keine Neuerung, sondern be=
            hauptete, mit den bisherigen Wehrmitteln könne  man den Feind schon
            meistern.- Diese Anhänger am alten Systeme waren die zahlreichsten,
            und hatten den bedeutendsten Einfluß bey manchen hohen Regierungen,
            welche geneigt waren, das anerkannte beßere Wehrwesen anzuwenden, und
            deswegen den Urheber rufen ließen, der auch allemal erschien, aber immer
            die obbemeldte Parthie mit ihren Entgegenwirkungen vorfand; so daß
            selbst einmal die auf eine Maschin=Errichtung und deren Beschau, erfolg=
            te ewig merkwürdige und ruhmvolle Erklärungen eines hohen Mundes an
            den Erfinder - lautend: "Ihre Sache ist gut befunden worden, Ich
            bin ihnen obligirt" ohne Konsequenz blieb.
                 Es sey indessen ferne, den leidigen Kriegsausgang den Anhängern
            am Alten beimessen zu wollen, denn welcher Mann von Kenntniß weis
            nicht, daß der menschlichen Natur eine gewiße Portion von Schwer=
            Materie anklebt, die deren Spirituelles hindert, zu hohen und ausseror=
            dentlichen Dingen sich hinzuschwingen; hiermit verpaart sich noch confue=
            tudo elt altera natura: sodann Männer haben meistens die Gelernigkeit
            der Jünglinge nicht mehr, - auch erlauben die vielen zu besorgenden
            Geschäfte nicht, sich mit dem ganzen Umfange einer neuen Therorie und
            Praxis zu befaßen, ohne welche nur oberflächige und bruchstückige
            Begriffe entstehen, die wegen ihrer Unvollständigkeit mehr zum Antago=
            nism als zur Sachbeförderung verleiten; und endlich ist sehr oft der Fall,
            daß die Prunklosigkeit des Künstlers, der nur seinen Verstand schmückt,
            seinen Arbeiten alles opfert, die unschuldige Ursache wird, mit seinem Pro=
            dukten die verdienende Attention nicht zu erlangen.

                 Bey solcher Sachbeschaffenheit sind also die dem Vaterlande zuge=
            gangenen Unfälle, woran es noch kränkelt, ans Fatum und an die Natur
            der Dinge zu ankern, wie jene Väter des tiefen Denkens im Alterthume
            thaten;übrigens aber die gemachten traurigen Erfahrungen von der Un=
            zuverlässigkeit der bestehenden Off= und Defensivmitteln als Beweggründe
            zu benutzen, dasjenige zu gebrauchen, was nie von keinem Kriegsverstän=
            digen mathematisch hat widerlegt werden können, sondern vielmehr den
            höchsten Beyfall erhielt.

                 Laut dem Promemoria ist der Autor noch bereitwilligst, seine Wis=
            senschaft zur Unüberwindlichkeit führend, mitzutheilen, ohne Belohnung
            anzusprechen, und wovon das Bagatell von 15kr. für die gedachte Piece,
            eigentlich unbezahlbaren Innhalts, den deutlichsten Beweis liefert.

                 Geschickte Mathematiker und Mechaniker Teutschlands sind durch die
            darinn gegebenen Kupfertafeln und Aufschlüsse in Stand gesezt, alles
            nachzumachen, besonders wenn auch die allda bemerkte nothwendige Detail=
            piece, dreyssig Kreuzer kostend, hinzu kommt.

                 Um aber in Anbetracht der obwaltenden Zeitumstände schon jetzo den
            Anfang mit denen zur Disposition stellenden Maschinen machen zu kön=
            nen, erbittet sich der Unterzeichnete ehrerbietigst eine Kommission, an wel=
            che er folgendes einsweilen abliefern, und zuvor erproben wird.

                 a) einen Selbstbeweg=Mechanism, wesentlich nothwendig, zum neuen
                      Kriegswesen.

                 b) eine Off= und Defensiv=Maschine, fähig mancher Modifikationen.

                 c) ein Kriegs=Instrument zu Waßer brauchbar.

                 Diese drey Objekte sind als Grundpfeiler der neuen unüberwindli=
            chen Machtmechanik zu betrachten, vermittelst denen und einigen nachfol=
            genden Attributen gegen die ganze Welt die Beweise geführt werden
            sollen, daß das jeweilige Kriegswesen zu Wasser und zu Lande, die Nau=
            tik, die Bewegkunst voller Mängel gewesen, und die Menschheit dadurch
            zu allen Zeiten unglücklich worden seye.- Zugleich wird gezeigt wer=
            den, daß die Vehicula zur bessern Mechanik immer vor den Augen und
            in den Händen der Menschen waren, nur wußten sie solche nicht gehörig
            zu organisiren.

                 Es würde nun Apathie und mehr anderes verrathen, wenn nicht
            überalige Kenntniß von den neuen wohlthätigen so nöthigen Organismi
            begierigst genommen und Gebrauch davon gemacht würde, zumalen die
            Zubehörden im Ueberfluß schon vorhanden sind.

                Deßwegen ist auch erweislichermaßen Teutschland, in unglaublich
            kurzer Zeit in einen so furchtbaren Wehrstand zu versetzen, daß das üb=
            rige Europa auf dasselbe stürzen dürfte, und es würde zurückgeworfen
            werden.

                 Eine hoch angelegte Einbildung versirt nicht bei vorstehender Angabe,
            sondern sie ist auf Thatsachen gegründet.

                 Repetition dr Fakta soll geschehen und auch eine so einfache Erklä=
            rung darüber gegeben werden, daß jeder schlichte Menschenverstand sie be=
            greifen muß.

                 Ohne Zweifel wird jeder biedere Teutsche nicht mißkennen, wie nö=
            thig es sey, mit den Nova sich bekannt zu machen. Und in der That,
            wären die zu Anfang des lezten Krieges gegebenen Vertheidigungswinke
            allgemein beherzigt worden, so hätten keine Länderverluste, keine Blut=
            und Verwüstungsseenen, keine Requisitionen und Kontributionen, keine
            Kommerz= und Gewerbshemmungen nebst andern Uebeln Statt gehabt.

                 Doch vieles läßt sich wieder ersetzen; aber nur durch die Einfüh=
            rung der neuen Machtdinge, womit die erdehnteste Ehrerbietung besiegelt.

             Regensburg den 29.Juli 1805
                                                Johann Friedrich Heinle,
                                        Kriegsmechaniker aus Augsburg, der Zeit allhier.
                                                                  im goldenen Ochsen
 
 
                                    Beilge A.
            Der Herr Oberste des zweyten K. K. Artillerieregiments, Vogelhuber bezeugte
            an den Kommandirenden der Oberrheinarmee, Anno 1794.

                 "Heinle, den Er das Vergnügen gehabt habe, kennen zu lernen, sey ein
                  Mann von rechtschaffendem Charakter, und besitze die geschickteste Anla=
                  ge zu machen Erfindungen."

            Ferner und zwar schon Anno 1793, schrieb der Herr Oberlieutenant Rükowsky
            von Stolzenburg, aus seiner Station, Tettnang bey Trier an Heinle.

                 "Er melde, daß ein Prinz von Hohenlohe, dem Er vom Erfundenen ge=
                  sprochen, deßwegen nach Augsburg kommen werde, und Er ergreife
                  diesen Anlaß, um seine ausnehmende hochschätzung für einen Mann
                  von so viel Geist, Talent, und Anstrengung zu bezeigen, wobey Er
                  nichts mehrers wünsche, als daß bald eine allgemeine Anwendung von
                  den Nova gemacht werden möge, die Er bereits an hohe Behörden be=
                  kannt gemacht habe."